Zum Sachverhalt:
In der letzten Zeit sieht sich die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. aus dem Kreis ihrer Mitglieder vermehrt mit Meldungen über missbräuchlich anmutende An- fragen zu Betroffenenrechten gem. Art. 15-22 DS-GVO konfrontiert.
Das Vorgehen zielt hierbei darauf ab, unter Aufbau einer Drohkulisse Verantwortliche zur außergerichtlichen Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes in vierstelliger Höhe an den Betroffenen zu bewegen sowie zur Erstattung der angeblich entstandenen Rechtsan- waltskosten.
Die hohe Zahl gleichgelagerter Fälle nimmt die GDD zum Anlass, ihre Mitglieder über die Vorgehensweise zu informieren.
Folgende zwei Szenarien wurden der GDD bislang geschildert:
Grundsätzlich kann jeder Verstoß gegen die DS-GVO zu einem Anspruch auf Ersatz des ma- teriellen und/oder immateriellen Schadens führen (konkret bezogen hierauf also ggf. die falsche Auskunft
oder die unbefugte Löschung personenbezogener Daten). Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO ist, dass ein Schaden entstanden ist, der An- spruchsgegner hierfür kausal geworden ist sowie schuldhaft gehandelt hat. Die Darle- gungs- und Beweislast für die haftungsbegründenden Voraussetzungen trägt nach allge- meinen zivilprozessualen Grundsätzen der Anspruchsteller. Eine Beweislastumkehr ist al- lerdings in Art. 82 Abs. 3 DS-GVO bezüglich Verschuldens vorgesehen. Das Unternehmen kann sich danach von der Schadenersatzpflicht nur befreien, wenn es nachweist, dass es
„in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwort- lich ist.” Dies wiederum ist dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO) in aller Regel nur möglich, wenn er die von ihm getroffenen Maßnahmen zur Bearbeitung von Betroffenenbegehren im erforderlichen Umfang dokumentiert (vgl. Art. 5 Abs. 2 und 24 DS- GVO).
Seit Inkrafttreten der DS-GVO haben sich diverse Gerichte mit immateriellen Schadensan- sprüchen befasst, die ergangene Rechtsprechung hierzu ist jedoch bislang uneinheitlich.
Eine übersichtliche Auflistung aktueller gerichtlicher Entscheidungen können Sie hier ab- rufen: https://de.lw.com/thoughtLeadership/Latham-DSGVO-Schadensersatztabelle
Daher ist bei der Bearbeitung von Betroffenenanfragen Sorgfalt geboten. Der Verantwortli- che hat gem. Art. 12 Abs. 3 S. 1 DS-GVO einen Monat nach Eingang des Antrags Zeit, um die betroffene Person über die aufgrund des Betroffenenbegehrens ergriffenen Maßnahmen zu unterrichten. Ist der Aufwand zur Abhilfe des Betroffenenbegehrens überschaubar, muss der Verantwortliche innerhalb der 1-Monats-Frist die geforderten Informationen gem. Art. 15 DS-GVO zur Verfügung stellen oder auch die Wahrnehmung der Betroffenenrechte gem. Art. 16 f. DS-GVO ermöglichen.
Sollte die Bearbeitung des Betroffenenbegehrens innerhalb dieser Frist nicht möglich sein, besteht – allerdings nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 3 S. 2 DS-GVO – die Möglichkeit, die 1-Monats-Frist um weitere zwei Monate zu verlängern. Der Verantwort- liche muss dazu die betroffene Person über die Fristverlängerung und die Gründe für die Verzögerung gem. Art. 12 Abs. 3 S. 3 DS-GVO unterrichten (z.B. faktisch hoher Aufwand, Lockdown-bedingter Personalmangel, hoher Krankenstand, sehr hohe Anzahl an gleichzei- tigen Betroffenenbegehren).
GDD-Praxishinweis:
Zu beachten ist, dass Anträge zur Wahrnehmung der Betroffenenrechte über ver- schiedenste Kommunikationskanäle eingereicht werden können. Verantwortliche sollten, um eine falsche Negativbeauskunftung Betroffener zu vermeiden, nicht nur alle Unternehmensbereiche erneut sensibilisieren, sondern auch eine Erhebung über mögliche Datenpools im Unternehmen aus sämtlichen Fachabteilungen anfertigen. Mitarbeiter/innen im Kundenservice, im Sekretariat, in der HR-Abteilung etc., die über eine öffentliche Kontaktadresse/-nummer verfügen, sollten bei Fragen über gespeicherte Daten direkt den Kontakt zu der mit den Datenschutzthemen beauftragten Person im Unternehmen (betriebliche/externe Datenschutzbeauftragte, DS-Koordinator/innen, DS-Manager/innen etc.) suchen und Rücksprache halten.
Wichtig bei der Herangehensweise sind folgende Schritte:
Bei Erhalt eines solchen Anwaltsschreibens sollte das adressierte Unternehmen unbedingt reagieren und – soweit möglich – das Bestehen des Anspruchs sachlich begründet bestreiten. Untätigbleiben kann zu einem Mahn-/Vollstreckungsbescheid und im Falle eines Einspruchs gegen Letzteren zu einem Zivilprozess vor dem zuständigen Mahngericht führen. Hilfreiche Hinweise bei der Abwehr entsprechender Ansprüche kann dabei ggf. auch eine Internet- recherche bzgl. der konkret abmahnenden Stelle liefern.